Für wen ist Ubuntu geeignet?

Published by cybso on
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Wie einfach es doch ist, einen Flame zu starten, unglaublich. Im Stud.IP-Forum zu Studiengebühren ging es um das Thema günstige Rechner und deren Zuverlässigkeit. Auf den Kommentar "so eine billige Kiste ist nach der ersten Hausarbeit unbrauchbar" antwortete ich etwas später:

Und wenn man nen richtiges(tm) Betriebssystem einsetzt, dann übersteht der Rechner auch die erste Hausarbeit problemlos. 256 MB halte ich aber für zu wenig, 512 sollten es schon sein. Das treibt den Preis auch nicht wirklich nach oben.

Und schon am nächsten Tag schrieb jemand:

Das ist Blödsinn - sorry . Ubuntu mag für Semiexperten ein gutes OS sein - für alle anderen lohnen die marginalen Unterschiede den Umstieg nicht und überfordern eher unbedarfte Anwender. Windows XP langt eigentlich für 99% aller Rechner, die letzten 1% sind entweder extrem lahme Kisten oder 64bitter, wo man XP64 einsetzen sollte.

Im Stud.IP möchte ich das Thema nicht beantworten, da es arg Off-Topic ist. Dafür hab ich nun den Aufhänger den ich brauchte um dies endlich mal hier im Blog zu thematisieren. Also, für wen ist Ubuntu (im speziellen, nicht Linux im allgemeinen!) geeignet?

Für extrem lahme Kisten (in Bezug auf den Arbeitsspeicher) garantiert nicht! Es gibt zwar Linux-Distributionen, die auf geringe Ressourcen ausgerichtet sind, aber (K)Ubuntu gehört mit Sicherheit nicht dazu. Selbst Xubuntu (die Ubuntu-Variante mit dem sparsamen Desktop XFCE) würde ich mit wenigstens 256 MB Ram betreiben, erst ab 512 MB kann man richtig glücklich werden. Für die grafische Oberfläche und einen Browser mag es reichen, aber schon OpenOffice.org möchte direkt nach dem Start des Writers gerne 155 MB Abeitsspeicher für sich haben. Also, eine einigermaßen tageslichttaugliche Maschine ab 800 MHz (der niedrigsten Stufe, auf der mein Laptop laufen kann) und wenigstens 512 MB Ram sollten es schon sein.

64-Bitter? Warum sollte da XP besser geeignet sein? Ich habe keinen solchen Prozessor, aber intuitiv würde ich eher das Gegenteil vermuten: Da die meisten Linux-Programme OpenSource sind und ohne großen Aufwand für 64-Bit-CPUs kompiliert werden können, kann ein Linux-System wesentlich besser an diese Prozessoren angepasst werden als eine Windows-XP-Installation (also das System im ganzen, nicht nur der Kernel).

Nun. für wen ist Ubuntu denn nun geeignet? Hier also meine ganz persönliche Meinung: Für blutige Anfänger und für Leute mit einem gesunden Maß an Neugier und Lernbereitschaft. Das größte Hinderniss beim Umstieg von Windows auf Linux ist die Umgewöhnung. Eine Reihe von Dingen läuft halt anders als bei Microsoft, was aber nicht unbedingt "schlechter" heißen muss. Das fängt schon bei den Case-Sensitiven Dateinamen an und endet bei der Art, wie das System konfiguriert wird. Dies muss man sich bewusst sein, sonst kann man gleich aufgeben. Die meisten Linux-Distributionen und -User wollen ja garnicht wie Windows sein, dann könnte man auch gleich Windows verwenden.

Jedenfalls kann ich gleich zwei Erfolgsstories aus dem Familienkreis aus dem Hut zaubern: Meine Schwester und meine Mutter. Beiden habe ich bereits vor zwei Jahren Ubuntu installiert, da ich mich geweigert habe, ein Windows bei denen zu adminstrieren. Bei meinen Eltern kam noch die Dialer-Gefahr durch den damaligen ISDN-Anschluss hinzu. Gerade meine Mutter hatte massive Bedenken, da sie bereits seit DOS-Zeiten an Microsoft-Produkte gewohnt ist. Aber letztendlich muss ich sagen: Es war kein Problem! Am Anfang riefen sie noch häufiger mal und stellten ein paar einfache Fragen, inzwischen muss ich vielleicht zweimal im Jahr etwas Hilfestellung geben. Also, wer für seine Bekannten einen Windows-Rechner aufgesetzt hat, wird da sicher öfters mal dran müssen. Und heute? Die Vorbehalte sind verschwunden, meine Schwester wollte sogar explizit, dass ich das Vista von ihrem neuen Laptop runterschmeiße und Ubuntu installiere (hätte sie letztlich wohl auch selbst hingekriegt, aber wenn der große Bruder schonmal da ist...).

Apropos Vista, in letzter Zeit breitet es sich ja langsam aus. Bei einem guten Betriebssystem würde ich das garnicht merken, nur machen diese Rechner öfters irgendwelche Mucken. Gestern in einer Vorlesung wurde z.B. so ein Rechner an den Beamer angeschlossen. Vista hat erstmal nen vergrößerten Desktop draus gemacht, für die Präsentation natürlich ungeeignet. Haben es die beiden Präsentatoren hinbekommen, dies selbstständig zu ändern? Nein, das hab ich gemacht. Soviel zu der intuitiven Bedienung von Windows.

Das schönste Problem war dann jedoch, dass im Clone-Modus (also das Monitor und Beamer das selbe Bild ausgeben) das Beamer-Bild ständig am zittern war. Ich habe keinen Schimmer, woran das lag, aber Hardware-Probleme kann ich ausschließen, denn der vergrößerte Desktop zitterte nicht.

Und für wen ist Linux nicht geeignet? Für fortgeschrittene User, die ihr Windows gut kennen und keine Lust und/oder Zeit haben sich umzugewöhnen. Ebenso für Gamer, obwohl die mit einer Doppelinstallation auch glücklich werden können (ich spiele lieber auf meiner Spielkonsole). Früher hätte ich gesagt, für Leute die auf spezielle Windows-Programme angewiesen sind, aber dank moderner PCs, auf denen auch virtuelle Rechner wie VirtualBox oder VmWare laufen können, und der Seamless-Technologie ist das kein Problem mehr (Seamless heißt, dass im Hintergrund ein komplettes Windows gestartet wird, aber nur einzelne Fenster angezeigt und direkt in die Linux-Umgebung integriert werden). Und bei Ubuntu im Speziellen gilt: Für Leute, die eine sehr große Kontrolle über ihr System haben möchten. Da ist man mit anderen Systemen wie Gentoo doch besser bedient.

Möge der Flame beginnen!